„Mmmh…die riecht aber gut. So eine hat meine Oma auch immer verwendet“ – das höre ich erstaunlich oft! Menschen durchforsten Märkte auf der Suche nach DER Seife mit dem Duft ihrer Kindheit.
Dieses kleine schäumende, duftende Stück Seife bringt Erinnerungen zurück. Ja- warum eigentlich? Könnte daran liegen, dass Stückseife in den letzten sagen wir 2 Jahrzehnten eher unaktuell war. Wir wollten es in letzter Zeit lieber schnell und praktisch und griffen zur Flüssigseife. Deshalb stand in den Bädern und Küchen meist ein kleiner Pumpspender. Warum ich hier die Vergangenheitsform anwende? Weil die Leute wieder zur Seife zurückkehren. Ein Seifenspender ist nichts, das in uns besonders romantische Gefühle weckt. Flüssigseife ist nichts „Handfestes“. Es ist ein Industrieprodukt in Plastikhülle. Aber wir wollen doch Romantik und Sentimentalität – ein kleines bisschen Kindheit! Und außerdem auch noch: ein kleines Stückchen Handwerkskunst.
Deshalb wenden wir uns der Vergangenheit zu. Vor nicht mal 60 Jahren gab es noch unzählige Seifensiedereien. Seifensieden ist ja ein jahrtausendealtes Wissen, und übrigens gibt es immer noch Menschen die sich daran erinnern können, wie ihre Großmütter Putzseife selbst hergestellt haben. Das ist noch nicht allzu lange her. Der Zeitgeist ändert sich und heute, nach ein paar Jahrzehnten „Industriefaszination“, weiß man es wieder zu schätzen, das Handwerk.
Besser als Flüssigseife ist das heiß gesiedete Seifenstück schon, aber bei weitem nicht so gut wie Naturseife. Heutzutage gibt es neben der industriell hergestellte Seife etwas noch besseres.
Seife ist ja auch nicht gleich Seife.
Bunte Seifen
Den Unterschied zu erkennen ist für den Laien oft nicht so einfach – deshalb hier ein kleiner Überblick dazu.
Was ist der Unterschied zwischen Fabrikseife und Naturseife?
Seife besteht in erster Linie aus Fett. Man kann pflanzliches Fett verwenden oder auch tierisches. Früher wurden ja von den Hausfrauen die hauseigenen Schlachtabfälle zu Putzseife ausgesalzen. Heutzutage werden in den Fabriken die vorwiegend pflanzlichen Öle in großen Kesseln für Stunden oder sogar Tage auf über 200 Grad erhitzt. Es wird Lauge dazugegeben, dadurch entsteht ein chemischer Prozess- die Verseifung. Die genaue chemische Erklärung möchte ich euch ersparen, nur kurz gesagt: die Bestandteile der Fette werden durch die Lauge zersetzt. Bei der Verseifung entstehen das Glycerin und die Salze der Fettsäuren – also ein gänzlich neues Produkt, die Seife.
Fabrikherstellung
Hier wird dann meist das hautpflegende Glycerin entfernt und für wertvollere Kosmetikprodukte verwendet. Der Seife wird Flüssigkeit entzogen und der festen Seifenmasse wird noch nachträglich Farbe und Parfum hinzugefügt. Danach wird sie in Formen gepresst. Das kann man bei den gekauften Stücken oft auch sehr gut erkennen.
Die Naturseife
unterscheidet sich zur Fabrikseife in erster Linie durch das wertvolle Glycerin. Denn es bleibt in der Seife erhalten! Das macht die handgerührte Seife wesentlich angenehmer zur Haut. Wenn ich Naturseife herstelle, dann entziehe ich weder das Glycerin noch das Wasser. Durch den höheren Wasseranteil ist sie aber weicher als Fabrikseife. Deshalb kann es schon sein, dass sie sich schneller auflöst, wenn sie im Wasser liegt. (Also immer gut trocknen lassen).
Bei der Arbeit
Ein weiterer Unterschied ist die Temperatur. Ich verwende hochwertige Bio-Öle und erhitze diese nicht. Durch die Verseifung entsteht zwar Hitze, aber bei weitem nicht so hoch wie in den Fabrikkesseln. Etwa 70 – 80 Grad. Deshalb nennt man die Seife „kalt gerührt“. Ich bin also eigentlich genau genommen gar keine Seifen“siederin“.
Dadurch kommen wir zum nächsten großen Unterschied – der Überfettung. Bei der Naturseife wird die verwendete Laugenmenge ganz genau berechnet. Dadurch kann ich vorhersagen, wieviel Prozent des Fettes durch wieviel Lauge verseift werden. Nun verwende ich aber absichtlich mehr Fett als die Lauge verseifen kann… und das ist dann der „überfettete“ Teil der Naturseife. Das Öl, das nicht verseift wurde, bleibt als Öl in der Seife bestehen. Meist sind es um die 10% – können aber auch wesentlich mehr sein. Dadurch – und durch das Glycerin- ist die Naturseife wesentlich pflegender zur Haut als eine Fabrikseife. Das macht die Naturseife aber auch weniger Haltbar. Seife ist grundsätzlich fast unendlich haltbar – nur der überfettete Teil, der kann natürlich schon zu ranzen beginnen.
Und zu guter Letzt die Reifezeit: Naturseife wird in kleineren Chargen gerührt und in Formen gegossen. Dort bleibt sie für etwa 1- 2 Tage. Dann werden die Blöcke geschnitten oder -bei plastischen Formen wie z.B. Herzen – aus der Form gedrückt. Und dann lagert sie mindestens 6 Wochen. Der PH-Wert ändert sich noch etwas. Und es reduziert auf natürliche Weise den Wasseranteil, die Seife wird fester. Man kann bei längerer Lagerung feststellen, dass die Seifenstücke immer kleiner werden. Sie schrumpfen förmlich. Dadurch werden sie fester – und ergiebiger.
Deshalb: Naturseife 1. nach der Verwendung immer trocknen lassen, 2. nicht zu warm aber trocken lagern, 3. Nie luftdicht verschließen.
Ja und wenn man diese Punkte beachtet und Naturseife verwendet, dann wird man bald sehen, dass es der Haut besser geht. Man braucht auch weniger zu cremen. Auch Neurodermitispatienten wird oft zu Naturseife geraten. Durch ihren basischen PH-Wert soll sie der Haut bei der Selbstregeneration helfen. Ich habe dazu schon einige Erfahrungsberichte erhalten und mir persönlich hat die Gesichtsseife bei meiner Perioralen Dermatitis sehr geholfen.
Ach und übrigens geht es dann nicht nur der Haut besser, sondern auch der Umwelt. Seife ist nämlich biologisch abbaubar und kommt ohne Plastikverpackung aus. Flüssigseife hingegen sind von den Kosmetikriesen gehypte, oft agressive Tensidmischungen, die auch keine Rücksicht auf die Umwelt nehmen.
Wo bekomme ich denn nun diese tolle Naturseife?
Bei kleinen Manufakturen! Meist sind diese auch auf Märkten anzutreffen. Ich habe noch nie echte Naturseife in Drogeriemärkten, Ketten oder großen Kaufhäusern gesehen. Und nein, auch Bio Seifen aus Biomärkten sind meist ganz konventionelle Fabrikseifen. Nur halt aus Bio-Ölen. Es stimmt schon, Naturseife kostet mehr als Fabrikseife. Das ist ganz logisch. Man kann kein Handwerksprodukt zum selben Preis wie Fabrikprodukten bekommen. Aber dafür kommt man sehr lange damit aus, man tut sich selbst etwas gutes, der Umwelt – und natürlich auch der kleinen Manufaktur.
(Noch ein Plädoyer zum Schluss: Bitte kauft bei gewerblichen Siedern. Nicht bei „Tante Mitzi“ die aus Spaß in ihrer eigenen Küche rührt und die Sachen am Wochenende dann verkauft.
Die Kosmetikherstellung ist ein sehr streng reglementiertes und hartes Gewerbe – besonders für Kleinsthersteller. Bitte unterstützt diese, indem ihr auf den Märkten nach einem Gewerbeschein fragt.)
Seifen mit bunten Banderolen